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«Ausser man tut es»
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Von der Enwicklungszusammenarbeit auf Direktionsstufe

Produktion und Vertrieb von Flashbacks werden durch den Verein MedInCharge unterstützt. Der Erlös aus dem Buch fliesst vollumfänglich in die Projekte von MedInCharge

Flashbacks

1. Auflage
 
© 2017 Fredi Bacchetto - www.MedInCharge.ch
ISBN 978-3-9534644-0-3

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Zum Buch

Der Inhalt
Der Autor

Die junge Krankenversicherung Avaria ist auf steilem Weg nach oben. Die Fachwelt steht vor einem Rätsel, denn trotz denkbar schlechtem Image, kann sich die Versicherung des Ansturms neuer Kunden kaum erwehren und ihre Prämien werden immer günstiger.

Ein Arzt der Unternehmensführung erlaubt Einblicke in die komplexen Aspekte der Entwicklungszu­sam­menarbeit mit dem Grand Patron des Konzerns und legt in subtiler Weise das Geheimnis um das Erfolgsrezept des Pioniers offen.

Das Stethoskop verwahrt der Mediziner in seinem Schreibtisch, doch seine früheren Erfahrungen in einem der ärmsten Länder dieser Welt wollen ihn nicht loslassen. So beginnt er diese Erinnerungen, mit der Geschichte der Avaria zu verweben. Bis zum Punkt, wo eine Jahrhundert­dürre zum unvorhergesehenen Ende seines Einsatzes in Afrika führt.

Dreissig Jahre später ist es die Intervention einer Aufsichtsbehörde, welche zu einer undenkbaren Wende in der Avaria und den Autor zurück an den Anfang in die Entwicklungszusammenarbeit führt.

Fredi Bacchetto, Jahrgang 1957, Allgemein­mediziner und Facharzt für Prävention, leistete zu Beginn der neunziger Jahre mit seiner Familie einen Einsatz in der Entwicklungs­zusam­menarbeit in Lesotho, im süd­lichen Afrika. Nach seiner Rückkehr bekleidete er verschiedene Führungs­funk­tionen in der Vorsorge­me­dizin. Seit 1998 Tätigkeit in der Ver­siche­rungsmedizin und Versi­che­rungs­wirt­schaft. Bis 2017 Mitglied der Direk­tion eines grossen West­schweizer Kranken­versi­cherers. Er wohnt und arbeitet mit seiner Frau in Nepal und in der Schweiz.

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Eine feinfühlige, humorvolle und bisweilen tiefsinnige Chronik, über Heraus­forderungen der Führungs­verant­wortung in einem entlegenen Basisspital der dritten und einem aufstrebenden Konzern der ersten Welt. Mit erstaun­lich vielen Parallelen und Grenzerfahrungen, bis hin zum Tod in beiden Welten.

Leseproben: Aus "Insights"

Laparotomie mit Mary

Operateur: Ntate Fredi, Chefarzt Paray-Hospital, Alias Dr. med. Bóbó.
Anästhesie: Ausi Mary, Pflegerin Paray-Hospital.
Instrumentierschwester und Assistenz: Mè Mekeke, Pflegerin Paray-Hospital.

Operation einer Eileiterschwangerschaft - Fredi Bacchetto und Team, Paray 1991

Alles ist bereit: Die Patientin liegt sediert auf dem Operationstisch, der Bauch abgedeckt, das Operationsfeld desinfiziert. Dr. med. Bóbó lässt sich die Operationsschürze umbinden und schlüpft in die Handschuhe. Die Instrumentierschwester bringt die letzten Instrumente in Position. Ausi Mary hängt ihr Kinn über das Anästhesietuch, das ihren Wirkungsbereich vom Tätigkeitsgebiet des Doctors abgrenzt und beobachtet, mit Charisma eines Bronto­saurus in Verdauungsphase, nach verschlungener Trauer­weide, das periumbilikale Geschehen.

Doctor: «Mary, kann ich schneiden?»
Mary: «Eeehh Ntate.»

Doctor setzt das Skalpell oberhalb des Nabels an und erzeugt sogleich einen heftigen Abwehrkrampf der ganzen Bauchdecken­muskulatur der Patientin, verbunden mit schmerzerfülltem Stöhnen.

Doctor: «Mary, wenn ich frage, ob ich schneiden kann, meine ich damit, ob die Patientin genügend tief schläft, um ihr den Bauch zu öffnen. Würden Sie also bitte so gut sein und die Patientin endlich versenken.
Und vergessen Sie nicht genügend Sauerstoff zu geben, sonst erstickt die Patientin. Das wollen wir nach Möglichkeit vermeiden.»
Mary: «Ooohh, Ntate.»

Paray-Hospital, Thaba Tseka, Lesotho

Kurze Zeit darauf saust der Operationstisch unvermittelt einen Meter nach unten.

Doctor (flucht): «Mary, was soll das?»
Mary: «Ich habe die Patientin gesenkt, Ntate.»
Doctor: «Mary, wenn ich sage, Sie sollen die Patientin versenken, meine ich damit, Sie sollen die Ätherventile hinter dem Tuch da öffnen und den Kreislauf dieser armen Frau mit dem Gas fluten, damit sie in Tiefschlaf versetzt wird und ich endlich diesen Bauch aufschlitzen kann. Machen Sie den Tisch wieder rauf.»
Mary: «Ooohh, Ntate.»

Wenig später hebt sich der Tisch wieder und penetranter Äthergeruch durchdringt den Raum. Doctor eröffnet den Bauchraum. Die Patientin reagiert nicht mehr.

Doctor: «Mary, wie ist der Blutdruck?»

Das Geräusch einer sich aufblasenden Blutdruckmanschette wird hörbar. Die Luft wird wieder abgelassen. Dann wird wieder aufgeblasen, abgelassen, aufgeblasen, abgelassen, ...

Mary: «Sie hat keinen Blutdruck, Ntate.»
Doctor: «Wenden Sie das Stethoskop und messen Sie nochmals.»
Mary: «Ooohh, Ntate.»

Es wird wieder aufgeblasen, abgelassen, aufgeblasen, abgelassen

Mary: «170 auf 90, Ntate.»
Doctor: «O.k., geben Sie noch etwas mehr Gas, ich meine Äther, bis der Blutdruck bei 150 ist.»
Mary: «Eeehh, Ntate.»

Laparotomie in Paray, 1992

Wieder etwas später: Das Kinn hat wieder die Position diesseits des Anästhesietuchs eingenommen. Mary ist scheinbar mit der bemer­kens­werten Gabe ausgestattet worden, auch die hinterste und letzte Muskelfaser vollständig erschlaffen lassen zu können. Dafür scheint Ihr Bindegewebe, nur rudimentär mit elastischen Fasern versetzt zu sein. Dadurch kann die Erdanziehungskraft in ihrem Gesicht ungeahnte Wirkungen entfalten. Der Mundschutz behindert zwar den

uneingeschränkten Einblick in die hypotone Gesichts­skulptur. Das Gesamtwerk lässt den stillen Betrachter dennoch fasziniert erschaudern: Überall hängen sich dermato­logische Säcklein und Wülstchen über die Gesichtsmaske und vermitteln jetzt mehr den Eindruck eines Brontosaurus zwischen Siesta und Halbkoma (nach verdauter Trauerweide).

Doctor hat alle mobilen Eingeweide über der Patientin aufgeschichtet. Die Instrumentierschwester schöpft gut eineinhalb Liter Blut aus der Bauchhöhle. Doctor präpariert tief unten im linken Unterbauch eine grapefruitgrosse blutige Masse frei.

Doctor, zeigt auf die Grapefruit: «Mary, wissen Sie was da drin ist?»
Mary: «No, Ntate.»
Doctor: «Da ist ein Foet drin, gut 14 Wochen alt.»
Mary: «Eeehh, Ntate.»
Doctor: «Das ist nicht gut. Das ist sogar ausgesprochen schlecht.»
Mary: «Eeehh, Ntate.»
Doctor: «Und wissen Sie, warum das schlecht ist, Mary?»
Mary: «No, Ntate.»
Doctor: «Weil das der Eileiter ist und gut 14-wöchige Foeten nicht in den Eileiter, sondern in die Gebärmutter gehören.»
Mary: «Eeehh, Ntate.»
Doctor: «Dieser Eileiter wäre demnächst geplatzt und hätte den Verblutungstod der Patientin in kurzer Zeit bedeutet.»
Mary: «Eeehh, Ntate.»

Doctor reseziert die Eileiterschwangerschaft, räumt wieder alle Innereien ein. Die Instrumentierschwester zählt die Tücher und Klemmen. Anschliessend machen sich beide, von entgegen gesetzten Wundrändern her, an den Verschluss der Bauchdecken.

Doctor: «Mary, Sie können jetzt langsam das Gas abstellen.»
Mary: «Eeehh, Ntate.»

Wenig später. Das Kinn hängt unverändert über dem Anästhesietuch. Der Aether durchströmt unverändert die Atemwege der Patientin. Die Bauchdecke ist nahezu verschlossen.

Doctor: «Mary, Sie sollten das Gas JETZT abstellen und vergessen Sie nicht genügend Sauerstoff zu geben. Spritzen Sie noch 10 mg Valium, damit die gute Frau nicht so schlecht von uns träumt.»
Mary: «Eeehh, Ntate.»

Mary zögert noch etwas, dann verschwindet das Kinn hinter dem grünen Tuch. Ventile werden geschlossen, andere geöffnet. Die Patientin beginnt zu stöhnen.

Das Kinn ist wieder über dem Tuch. Mary, starrt auf die Grapefruit in der Nierenschale neben den Instrumenten.

Mary: «I have a question, Ntate.»
Doctor: «Yes, Mary?»
Mary: «Den Foet, tun wir nicht mehr heute rein?»
Doctor: «Nein Mary, der bleibt schön draussen.»

Village near Mamohou, Lesotho


Die hohe Franchise ward 1978 zum guten Risiko[1].

Es steht geschrieben:
1 Im Anfang war das Wort, und das Wort war chez Le Grand Patron und blieb für immer dort, und Le Grand Patron war das Wort.
3 Alle Dinge sind durch dasselbe gemacht, nämlich der hohen Franchise, und ohne dieselbe ist nichts gemacht, was gemacht ist.
4 In ihr ist das gute Risiko, und das gu­te Risiko ist das Licht der Avaria.
5 Und das Licht scheint in der Fin­­ster­­nis der Konkurrenz, und die Konkurrenz hat's nicht begrif­fen. 

Und so vollbrachte er die Schöpfung (der Avaria) [2]:
1 Am Anfang schuf Le Grand Patron gute und schlechte Risiken.
2 Und die Avaria war wüst und leer, und es war finster auf der Tiefe; und der Geist von Le Grand Patron schwebte auf Antepatrens, Binaca und Michel.
3 Und Le Grand Patron sprach: Es werde gutes Risiko! und es warden gute Risiken.
4 Und Le Grand Patron sah, dass das gute Risiko gut war. Da schied Le Grand Patron das gute Risiko von der Finsternis und nannte das gute Risiko willkommen und die Finsternis schlechtes Risiko. Da ward aus gutem Risiko der erste Versicherte.

Quellenangaben:
[1]
 Johannes 1, 1, 3-5, Das Wort ward Fleisch.
1 Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort.
3 Alle Dinge sind durch dasselbe gemacht, und ohne dasselbe ist nichts gemacht, was gemacht ist.
4 In ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen.
5 Und das Licht scheint in der Finsternis, und die Finsternis hat's nicht begriffen.

[2]   1. Mose 1,1-5. Die Schöpfung: Sechstagewerk.
1 Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde.
2 Und die Erde war wüst und leer, und es war finster auf der Tiefe; und der Geist Gottes schwebte auf dem Wasser.
3 Und Gott sprach: Es werde Licht! und es ward Licht.
4 Und Gott sah, dass das Licht gut war. Da schied Gott das Licht von der Finsternis und nannte das Licht Tag und die Finsternis Nacht. Da ward aus Abend und Morgen der erste Tag.

Leseprobe: Aus "Le Grand Patron"

Unvergessen hat sich mir die Klassifizierung von Dario Bossy anlässlich einer Direktionssitzung durch Le Grand Patron in Bex eingeprägt: Hier wurde Dario zu 80% als Genie errechnet. Besagter Dario gilt immerhin als hochintelligente Institution mit einem kaum zu überbietenden allumfassenden Erfahrungsschatz in der Krankenversi­che­­rungs­­­branche, der ihn vom Leiter einer grossen Niederlassung, über den Vizedirektor des Verkaufs zum Direktor der Leistungen gebracht hat.

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Blieben dann 20% Dario, für welche Le Grand Patron nur eine niedrigere Bewertungsklasse übrig hatte. Denn Le Grand Patron hatte anlässlich eines Überraschungsbesuchs in der Niederlassung von Dario zwei defekte Lamellen in den Storen des Gebäudes entdeckt, welche das äussere Bild des Hauses trübten. Was aber dann vernichtend war, dass er beim Gang auf die Toilette leere Kartons, bestimmt für die künftige Ablage von verarbeiteten Rechnungen, im Raum herumstehen sah. Leere Kartons auf einer Toilette! Ein simples No-Go.

Es steht geschrieben: LGP 10, 12-14 11, 15-17
Toilettenreinigung, 13. April 2004
[1]
 
10.12 (Uhr) Und Le Grand Patron trat in die Toilette ein und trieb alle Kartons hinaus, die in der Toilette herumlagerten, und den Deckel der Schüssel stiess er zu und das unnötig brennende Licht löschte er aus.
10.13 Und er sprach zu Bossy: Es steht geschrieben: Meine Toilette wird ein Pinkelhaus genannt werden; ihr aber habt es zu einer Lagerstätte gemacht.
10.14 Und es traten volle Blasen zu ihm, und er heilte sie, weil sie nun wieder ungehindert ihre Notdurft verrichten konnten.
11.15 Als aber die Angestellten und die Kader die Wunder sahen, die er tat, schrien sie: Hosanna, dem Vater der Avaria!
11.17 Und er verliess sie und ging zur Stadt hinaus nach Lausanne und arbeitete dort weiter.

 
Ich habe leider nie würdig erfasst, welch spezielles Verhältnis Le Grand Patron mit Toiletten verband und in welche Gefahr man sich bei der Avaria begab, wenn man diesen stillen Ort nicht mit angemessener Wertschätzung betrat. Das wurde mir, viele Jahre nach der Arbeitsaufnahme im Konzern, beinahe zum Verhängnis.
 
[1]     Quellenverweis: Mt 21, 12-17 Tempelreinigung
21.12 Und er trat in den Tempel ein und trieb alle hinaus, die im Tempel verkauften und kauften, und die Tische der Wechsler und die Sitze der Taubenverkäufer stiess er um.
21.13 Und er sprach zu ihnen: Es steht geschrieben: Mein Haus wird ein Bethaus genannt werden; ihr aber habt es zu einer Räuberhöhle gemacht.
21.14 Und es traten Blinde und Lahme in dem Tempel zu ihm, und er heilte sie.
21.15 Als aber die Hohenpriester und die Schriftgelehrten die Wunder sahen, die er tat, und die Kinder, die im Tempel schrien und sagten: Hosanna dem Sohn Davids! wurden sie unwillig.
21.17 Und er verliess sie und ging zur Stadt hinaus nach Bethanien und übernachtete dort.

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